Das Silser Nietzsche-Kolloquium, das seit 1978 stattfindet, wendet sich nicht nur an Spezialisten, sondern generell an ein interessiertes Publikum. Ziel ist es, Ergebnisse aus der wissenschaftlichen Forschung breiter bekannt zu machen und eine offene, kritische Reflexion und Diskussion über Nietzsche, sein Werk und dessen Wirkung anzuregen.
Donnerstag, 26., bis Sonntag, 29. September 2024, ganztags, Hotel Waldhaus Sils
Das Kolloquium ist öffentlich und wendet sich nicht nur an Spezialisten, sondern generell an ein interessiertes Publikum. Die Veranstaltungen – Vorträge, Diskussionen, Lektüregruppen – können einzeln besucht werden. Preise: Tagungskarte CHF 180.- (Studierende CHF 50.-) / Einzelkarten CHF 20.- (Studierende CHF 10.-) / Konzert CHF 30.- (Studierende CHF 20.-).
Donnerstag, 28. September, bis Sonntag, 1. Oktober 2023, ganztags, Hotel Waldhaus Sils
Friedrich Nietzsche hat den Begriff des Nihilismus nicht erfunden, aber geprägt. Er wird oft mit dem „Nichts ist wahr, alles ist erlaubt“, mit völliger Ungewissheit und Regellosigkeit, Zerstörungslust und Gewalt verbunden, und auch Nietzsche selbst betont seine Abgründigkeit. Lange Zeit hat man unter dem übermächtigen Eindruck der Interpretation Martin Heideggers nach der „Überwindung“ des Nihilismus gesucht. Zuletzt aber hat Nietzsche selbst vom „grundsätzlichsten Nihilismus“ als einem „normalen Zustand“ gesprochen, der nicht zu überwinden ist. Kann man ihn – mit Nietzsche – als den Zustand verstehen, in dem wir inzwischen leben: Dass der Glaube an unbedingte Gewissheiten unglaubwürdig geworden ist und die meisten den Glauben an eine absolute Wahrheit verloren haben, dass sie, wie andere höchste Werte, zweifelhaft geworden ist und wir damit nun leben müssen? Soweit wir damit leben können, haben wir gleichwohl vielfältige Formen dafür gefunden, Zerstörung und Gewalt wenigstens einzudämmen. Aber weigern wir uns, die Abgründigkeit des Nihilismus zu sehen, oder besteht sie gar nicht? PROGRAMM
Das Kolloquium ist öffentlich und wendet sich nicht nur an Spezialisten, sondern generell an ein interessiertes Publikum. Die Veranstaltungen – Vorträge, Diskussionen, Lektüregruppen – können einzeln besucht werden. Preise: Tagungskarte CHF 180.- (Studierende CHF 50.-) / Einzelkarten CHF 20.- (Studierende CHF 10.-) / Konzert CHF 30.- (Studierende CHF 20.-).
Donnerstag, 29. September, bis Sonntag, 2. Oktober 2022, ganztags, Hotel Waldhaus Sils
Das Kolloquium widmet sich diesmal einem Werk Nietzsches, dessen Titel längst zu einem geflügelten Wort wurde. 1878 publiziert Nietzsche sein erstes Aphorismenbuch. Er widmet diese „Gedankensammlung“ dem „Andenken Voltaire’s“, positioniert sich damit demonstrativ als „Aufklärer“ und besiegelt so zugleich den Bruch mit Richard Wagner. Im folgenden Jahr publiziert er „Vermischte Meinungen und Sprüche“ und 1880 das Buch „Der Wanderer und sein Schatten“, das 1879 in St. Moritz entstanden war. 1886 vereinigt er die drei Bücher mit einführenden Vorworten zu einem zweibändigen Werk unter dem programmatischen Titel von 1878: „Menschliches, Allzumenschliches. Ein Buch für freie Geister“.
Nietzsche entwickelt in den insgesamt rund 1400 Aphorismen ein weitgespanntes Panorama seines neuen, „aufklärerischen“ Denkens, das die moderne Naturwissenschaft der traditionellen Philosophie, Religion und Moral entgegensetzen will. Dieser Problematik wird sich das Kolloquium in Vorträgen, Diskussionen und Lektüregruppen annähern. Und wie sagt Nietzsche? „Man kritisirt einen Menschen, ein Buch am schärfsten, wenn man das Ideal desselben hinzeichnet.“ (KSA 2, 443)
Das Kolloquium ist öffentlich und wendet sich nicht nur an Spezialisten, sondern generell an ein interessiertes Publikum. Die Veranstaltungen können einzeln besucht werden. Preise: Tagungskarte CHF 180.- (Studierende CHF 50.-) / Einzelkarten CHF 20.- (Studierende CHF 10.-) / Konzert CHF 30.- (Studierende CHF 20.-).
Donnerstag, 30. September, bis Sonntag, 3. Oktober 2021, ganztags, Hotel Waldhaus Sils
Nietzsche diagnostizierte bereits für sein Zeitalter einen eklatanten Wertezerfall. Die Ursachen für das Aufkommen eines alleszersetzenden Nihilismus sind ihm zufolge vielfältig, sie reichen von einem Verlust kultureller Einheit, dem Niedergang der Bildungseinrichtungen, der Erosion der Fundamente des Staates, des Endes der Metaphysik bis hin zur Selbstaufhebung der Moral und der Krise der Kunst in der Moderne. Der Wertezerfall wird von Nietzsche als zwangsläufige Folge eines alle Bereiche der Kultur und Gesellschaft durchdringenden Nihilismus bestimmt, daneben aber gibt es – vor allem in seinen späten Texten – auch Überlegungen zu einer Umwertung aller Werte. Für diese müsse zunächst der Wert der tradierten Werte festgestellt und neue Kriterien für neue Werte gefunden werden, die nicht sofort wieder vom Strudel des allgemeinen Nihilismus erfasst werden.
Diese Aufgabe erscheint heute dringlicher denn je. Die Krise der Wahrheit hat im Zeitalter „alternativer Fakten“ und der durch die digitale Revolution allumfassend gewordenen Virtualität menschlicher Lebenserscheinungen zu einer vollkommenen Beliebigkeit von Wertungen geführt. Gesetzt werden Werte, die ohne Begründung auskommen und frei zirkulieren, grundlose Werte. Aktuell aber gibt es auch durch die allmähliche Bewusstwerdung der globalen ökologischen Krise – die Wüste wächst buchstäblich – eine Wiederkehr von Werten und moralischer Imperative, deren Status philosophisch weitgehend ungeklärt ist, und die Nietzsches Kritik absoluter Setzungen zu ignorieren scheinen, vielleicht sogar ignorieren müssen.
Welches Potential bergen Nietzsches Wertekritik und seine Vision einer Umwertung der Werte für die heutigen Diskussionen?
Das Kolloquium ist öffentlich und wendet sich nicht nur an Spezialisten, sondern generell an ein interessiertes Publikum. Die Veranstaltungen können einzeln besucht werden.
Preise: Tagungskarte CHF 180.- (Studierende CHF 50.-) / Einzelkarten CHF 20.- (Studierende CHF 10.-) / Konzert CHF 30.- (Studierende CHF 20.-). Dieses Jahr gilt eine Anmeldepflicht.
Nietzsche hat die Geschlechter-Stereotypien durcheinander gewirbelt. Lange vor der feministischen Kontroverse, ob eher Sex oder Gender zur Prägung der männlichen und weiblichen Geschlechtsidentität beitrage, ist er der Frage nachgegangen, wie biologische Faktoren einerseits, kulturelle und soziale Normierungen andererseits auf das Selbstverständnis von Menschen einwirken, die sich ständig mit den widerstreitenden Bedürfnissen von Körper und Geist konfrontiert sehen. Als Physiologe konstatiert Nietzsche, dass es „im Grunde von uns, ganz ‚da unten’ […] etwas Unbelehrbares, einen Granit von geistigem Fatum“ gibt (JGB; KSA 5, 170), dessen Gewicht die Ich-Identität durchgängig erdet. Als Philosoph und Psychologe interessiert ihn der Umgang mit dem jeweiligen Ich-Kern, der sich sämtlichen von ‚da oben’ erfolgenden Anweisungen beharrlich widersetzt. Geistige Geltungsansprüche in Form moralischer und sozialer Normen vermögen das Geschlecht nicht zu beeindrucken, weil sie mit ihren Forderungen auf „Granit“ beissen.
Es bedarf daher einer anderen Koordination von „Unten“ und „Oben“. Für den Mann, „der von Natur aus H e r r ist“ (ebd., 293), entwickelt Nietzsche idealtypische Konstruktionen von Männlichkeit, gegen die er Modelle weiblicher Selbstbestimmung scharf abgrenzt. Seine boshaften Angriffe auf „das Weib an sich“ sind legendär und haben ihm den Vorwurf der Misogynie eingetragen. Dabei wurde oft übersehen, dass er auch die rollenspezifischen Anmassungen der Männer mit Hohn und Spott überzog.
Der Gegensatz von Wahrheit und Lüge, der weltpolitisch wieder so aktuell geworden ist, hat mit Nietzsche seine Unschuld verloren. Weil wir die Wahrheit an sich nicht haben, ist auf vielfältige Weise – nicht nur politisch und medial, sondern auch philosophisch und wissenschaftlich – entscheidbar geworden, was jeweils als Wahrheit und was als Lüge gelten soll, und solche Entscheidungen können außermoralisch und moralisch, faktisch und kontrafaktisch geprägt sein. Nietzsche hat als „Narr“, „Dichter“ und „Philosoph der Zukunft“ in seinem Werk ein faszinierendes Spektrum eröffnet, mit den irritierenden Entscheidungsspielräumen umzugehen.
Das Kolloquium ist öffentlich und wendet sich nicht nur an Spezialisten, sondern generell an ein interessiertes Publikum. Die Veranstaltungen können einzeln besucht werden.
Preise: Tagungskarte CHF 180.- / Einzelkarten CHF 20.- / Konzert CHF 30.-
Voranmeldung nicht nötig.
Friedrich Nietzsche erklärte Also sprach Zarathustra in seiner späten Selbstdarstellung Ecce homo zu seinem zentralen Werk: „Innerhalb meiner Schriften steht für sich mein Zarathustra“; Also sprach Zarathustra sei „das eigentliche Höhenluft-Buch“. Die „Grundconception“ dazu fand Nietzsche in Sils Maria, „6000 Fuss jenseits von Mensch und Zeit“. Ebenfalls in Ecce homo bezeichnet Nietzsche die Dionysos-Dithyramben voller Dankbarkeit als ein „Geschenk“ des „letzten Vierteljahrs“. Es war die erneute Beschäftigung mit seinen Zarathustra-Aufzeichnungen im Silser Sommer 1888, aus der schließlich Nietzsches letzte Dichtung entsprang, die Dionysos-Dithyramben.
Das Nietzsche-Kolloquium 2017 wird sich in Vorträgen und Lektüregruppen diesen beiden Werken, ihrem Verhältnis zueinander oder den literarischen und philosophischen Fragen widmen, die sich aus einer Lektüre von heute ergeben können.
Das Kolloquium ist öffentlich und wendet sich nicht nur an Spezialisten, sondern generell an ein interessiertes Publikum. Die Veranstaltungen können einzeln besucht werden.
Preise: Tagungskarte CHF 180.- / Einzelkarten CHF 20.- / Konzert CHF 30.-
Voranmeldung nicht nötig.
Jenseits der oft pauschalisierenden Zuordnungen Nietzsches in eine antidemokratische Tradition wird am Kolloquium versucht, den Ort des radikalen Philosophen im politischen Denken von verschiedenen Seiten her zu orten. Neben den Referaten international renommierter Nietzsche-Forscher finden wieder Lektüregruppen statt und neu auch ein «Forum junger Nietzscheforscher» mit Impulsreferaten von Nachwuchswissenschaftlern.
Preise: Tagungskarte CHF 180.- / Einzelkarten CHF 20.- / Konzert CHF 30.-
Voranmeldung nicht nötig.
Im fünften Buch seiner „Fröhlichen Wissenschaft“, das erst 5 Jahre nach den ersten vier Büchern erschien, vertieft Nietzsche in 40 Aphorismen von rundum ausgereifter, gelassener Heiterkeit und einem ausgelassen tänzerischen Epilog sein Philosophieren noch einmal. Er spricht nun von der „Musik des Lebens“, die die Philosophie seit alters mit ihren Idealismen übertönt habe. International bekannte Nietzsche-Forscherinnen und -Forscher wollen sie wieder zum Hören bringen.
Preise: Tagungskarte CHF 180.- / Einzelkarten CHF 20.- / Konzert CHF 30.-
Voranmeldung nicht nötig.